Dr. Ina Bornkessel-Schlesewsky (Max-Planck-Institut Leipzig) & Prof. Dr. Matthias Schlesewsky (Universität Mainz): Die Subjektpräferenz. Über die Natur eines sprachübergreifenden Phänomens

In vielen Sprachen der Welt kann man beobachten, dass ein Argument, welches nicht eindeutig einer grammatischen Funktion zugeordnet werden kann, präferiert als Subjekt interpretiert wird. Diese Präferenz ist so stark, dass sie selbst entgegen der Plausibilität wirkt (z.B. in "Die Blinde beobachtet die Ärztin"). In unserem Vortrag wollen wir eine Reihe neurophysiologischer Befunde vorstellen, die die Universalität des Phänomens verdeutlichen. So kann man beispielsweise beobachten, dass selbst Sprachen, die keine eindeutige Zuordnung grammatischer Funktionen haben, wie beispielsweise das Chinesische, eine solche Präferenz zeigen. Basierend auf diesen Befunden werden wir argumentieren, dass die wesentliche Triebkraft für diese Interpretationsstrategie der Versuch zur maximalen Unterscheidbarkeit von Handlungsteilnehmern in einer sprachlichen Äußerung ist. Welche Konsequenzen eine solche Strategie im Hinblick auf die Art der Sprachverstehensarchitektur besitzt, werden wir abschließend illustrieren.